Das Urheberrecht entsteht für Songwriter automatisch während der Schaffung eines Musikwerkes. Es ist daher weder nötig noch möglich, das Urheberrecht an einem Song durch einen Formalakt zu „schützen“ – da das Werk ab Entstehungszeitpunkt bereits automatisch geschützt ist.
4 Schritte, die Songwriter dennoch tun können
Obgleich es nicht möglich ist, seine Songs durch einen Formalakt zu schützen, können Musiker:innen dennoch vier Schritte einleiten, die Sie im Streitfall zumindest bei der Argumentation gegen einen Urheberrechtsdiebstahl unterstützen können. Sie sind keine Beweise, aber starke Indizien für deine Urheberschaft an einem Werk:
- Dokumentation deiner Song-Historie
- Zeug:innen beim Entstehungsprozess
- Titelmeldung bei einer Verwertungsgesellschaft
- Veröffentlichung deiner Werke
1.Dokumentation deiner Song-Historie
Lieder entstehen im Regelfall so, dass in irgendeiner Weise digitale oder analoge Daten bzw. Dateien während des Schaffungsprozesses entstehen. Diese Dokumentation ist ein deutliches Indiz für deine Urheberschaft.
Ganz gleich, ob…
- Wortfetzen dabei per Whatsapp oder Email ausgetauscht werden,
- Songs fein säuberlich in Songwriting-Workbooks festgehalten werden,
- Melodien per Sprachrecorder aufgezeichnet werden,
- oder Lied-Ideen auf einfachen Zetteln verschriftlich werden.
All diese Daten, Dateien oder Schriftsätze können nachweißbar verständlich machen, dass du bereits zu einem frühen Zeitpunkt bei diesem Song deine Finger mit im Spiel hattest. Vor allem dann, wenn ein Datum und die Namen der Urheber:innen auf diesen Dokumenten vorhanden sind.
2.Zeug:innen beim Entstehungsprozess
Sofern mehrere Personen die Entstehung des Liedes mitbekommen haben, eignen sich diese Personen im Streitfall als Zeug:innen.
In erster Linie sind das natürlich die Miturheber:innen, die den Schaffungsprozess mitgestaltet haben. Es ist allerdings denkbar, dass weitere Personen bezeugen können, dass du einen bestimmten Titel geschrieben hast:
- Der Verlag – der dich beauftragt hat
- Der Artist – für den du den Song geschrieben hast
- Dein bester Freund – der dich auf die Song-Idee gebracht hat
- Dein langjähriger Co-Writer – dem du von deinem neuesten Hit erzählt hast
- Deine Business-Partner – die seit vielen Jahren deine Verlässlichkeit und Ehrlichkeit schätzen
- Sogar deine Mama – der du deine ersten Song-Entwürfe jedes Mal vorsingst
3.Titelmeldung bei einer Verwertungsgesellschaft
Professionelle Songwriter:innen melden ihre Titel im Regelfall bei einer Verwertungsgesellschaft an. Diese Titelmeldungen können im Streitfall überprüft werden, womit dir ein weiteres Tool zur Verfügung steht, um deine Urheberschaft zu argumentieren.
Die drei Verwertungsgesellschaften des deutschsprachigen Marktes, für die treuhändische Verwertung von musikalischem Urheberrecht, sind die AKM (Ö), die GEMA (D) und die SUISA (CH). Urheber:innen die ihre Titel melden, legen diese in großen Datenbanken an, die im Streitfall durchsucht werden können um das ursprüngliche Datum der Titelmeldung und die damals angegebenen Rechteinhaber auszuheben. Obwohl die Titelmeldung ebenso keinen klassischen „Schutz“ darstellt, kann Sie als ein weiteres deutliches Indiz dafür dienen, dass du bereits zu einem bestimmten Zeitpunkt in konkretes, urheberrechtlich geschütztes Projekt verwickelt warst.
4.Veröffentlichung deiner Werke
Sobald ein Werk veröffentlicht wird, hast du als Urheber:in ein Recht auf Namensnennung an dafür geeigneten Orten. Wenn dein Name mit einem Song – öffentlich Einsichtig – in Verbindung gebracht wird, ist das natürlich keine Kleinigkeit!
Bei Spotify kannst du dir zum Beispiel bei so gut wie jedem Titel „Songinfos anzeigen“. Du findest dort alle aktuellen Rechteinhaber hinterlegt, also auch die zum gegenwärtigen Zeitpunkt anerkannten Urheber:innen des Werkes. Auch hierbei handelt es sich nicht um einen nachhaltigen und wasserdichten Beweis, aber um einen weiteren starken Hinweis dafür, dass du den Song tatsächlich geschrieben haben könntest.
Wie kommt es zu solchen Streitkeiten?
In der kommerziellen Musikindustrie haben wir es mit einer „praktisch endlichen Anzahl“ von Ton- und Textkombinationen zu tun und nicht, mit einer „theoretisch unendlichen Anzahl“.
Obgleich es aus musikalischer Sicht zwar theoretisch unendlich viele Notenwerte und Tonhöhen gibt, ist es eben praktisch unrealistisch, dass z.B. im kommerziellen Rundfunk neben Ganzen-, Halben-, Viertel- und Achtelnoten auch noch Zweiunddreisigstel-, Vierundsechzigstel-, oder gar Hundertachtundzwanzigstelnoten verwendet werden. Genauso unrealistisch ist es, dass bei Sänger:innen ein fünfgestrichenes g (g‘‘‘‘‘) zur Anwendung kommt oder Gesangsmelodielinien, die laufend das Intervall der Duodezime (z.B: c – g‘) forcieren.
Auch beim Text gibt es gewisse Limitierungen im Rahmen der kommerziellen Anwendungsmöglichkeiten. Beispielsweise wird das Wort: „Grundstücksverkehrsgenehmigungszuständigkeitsübertragungsverordnung“ – wohl nicht allzu schnell Verwendung im Refrain eines Superhits finden.
Der springende Punkt ist folgender: Da die Möglichkeiten von Ton und Text in der kommerziellen Industrie nicht theoretisch unendlich, sondern praktisch endlich sind, können sehr schnell Ähnlichkeiten zwischen Kompositionen entstehen – und genau diese können dann zu den oben beschriebenen Unannehmlichkeiten führen.
Wie realistisch ist ein Urheberrechtsdiebstahl wirklich?
Immer wieder hört und liest man in der nationalen und internationalen Musikszene von Fällen, in denen Urheberrechtsdiebstahl ein Thema ist. Selbst ich habe bereits mehrere Situationen in meiner eigenen Songwriting-Karriere miterlebt, wo ich entweder stark zweifeln musste, ob ein Song nicht von einem meiner Werke abgekupfert wurde, oder wo mir sogar selbst unterstellt wurde, das Lied eines anderen Urhebers einfach gestohlen zu haben. Derartige Fälle kommen also tatsächlich vor und zwar nicht nur bei den Superstars!
Was tun, wenn der Streit tatsächlich vor Gericht geht?
Zuallererst: Versuche das Gericht stets zu vermeiden. Gerichte und Gerichtsprozesse kosten im Regelfall wirklich viel Geld. Geld, dass im Musikbusiness hart erarbeitet werden muss. Ich weiß, wovon ich spreche! Ich war selbst bereits wegen Songwriting vor Gericht!
Vor Gericht zu gehen, lohnt sich meines Erachtens erst, wenn es um einen echten Songwriting-Hit geht, der hohe fünfstellige-, sechsstellige-, oder sogar siebenstellige Summen einspielt. Derartige Summen sind allerdings definitiv nicht Alltag im Songwriting-Business. Statt den einmaligen Riesenbeträgen handelt es sich in diesem Business im Regelfall eher um ein konstantes Wachstum deiner Tantiemen, wenn du alles richtig machst, wie ich in meinem Buch Songwriting Cashflow beschreibe.
Dieses konstante Wachstum erreichst du vor allem durch einen bewussten Umgang mit deinen Werken, aber auch mit deinem Geld selbst. Genauso wie du nämlich riesige Summen im Musikbusiness einnehmen kannst, kannst du nämlich auch riesige Summen sparen!
Vor Gericht selbst würde der Fall im Detail beleuchtet werden und unterschiedliche Expert:innen und Zeug:innen kämen zu Wort. Gutachten würden erstellt und diskutiert werden, um nach abgehaltenen und im Regelfall kostspieligen Prozess ein richterliches Urteil zu erhalten. Es gibt immer wieder sehr berühmte Fälle, wie dieser Artikel über Ed Sheerans Werk „Thinking out loud“ eindrucksvoll zeigt: https://www.dw.com/de/plagiatsvorwurf-gegen-ed-sheeran/a-19465411
Bedenke dabei allerdings, dass jeder gerichtliche Prozess ein großes finanzielles Risiko darstellt, selbst dann, wenn du theoretisch im Recht wärst.
Fazit
Deine Songs unterliegen ab dem Entstehungszeitpunkt dem urheberrechtlichen Schutzrecht. Um dieses im Zweifelsfall fundiert argumentieren zu können, kannst du dich an die vier besprochenen Schritte halten, die dir eine starke Argumentation liefern.
Durch die musikalisch und textlich limitierten Songwriting-Möglichkeiten in der kommerziellen Musikindustrie, kommt es regelmäßig zu Ähnlichkeiten bei Songs, die auch tatsächlichen Streit darüber auslösen können, wer nun was tatsächlich geschrieben hat.
Versuche stets nach einer außergerichtlichen Lösung zu streben (allein schon aufgrund des hohen finanziellen Risikos!) und gehe mit gutem Beispiel voran, indem du ehrlich und verantwortungsbewusst mit deinem Recht und dem Recht anderer umgehst.
Music4ever,
Emi