Eine der einfachsten Methoden einen neuen Song anzugehen, ist die „A bis Z Methode“. „A“ wie „Anfang“ und „Z“ wie „Ziel“. Hierbei geht es darum, einfach loszulegen. Ohne Nachdenken. Ohne große Gesamt-Idee. Ohne Refrain-Hookline und ohne besonderen Gedanken an das, was du ausdrücken möchtest. Du fängst einfach ganz von vorne an und arbeitest dich durch, bis du dort ankommst, wo du hinwolltest: Bei einem fertigen Song. Ich erkläre dir in diesem Blog-Post exakt, wie das funktioniert.
Die 5 Schritte der „A bis Z Methode“
- Der erste Satz, oder die erste Zeile
- Baue auf, auf dem was du hast
- Bringe deine Aussage in eine sinnvolle Struktur
- Entwickle den Refrain
- 2. Strophe, 2. Refrain, Bridge und der Rest
Bevor du loslegst, solltest du dir durchlesen, was du im Vorfeld tun kannst um deine Songs bestmöglich zu „schützen“. Du findest die wichtigsten Tipps HIER.
Schritt #1 – Der erste Satz, oder die erste Zeile
Genauso, wie der Bau einer Mauer mit dem Legen ihres ersten Ziegelsteins anfängt, funktioniert der Start beim Songwriting: Schreibe deine erste Zeile, deinen ersten Satz oder deine ersten Worte. Du musst dazu kein Songwriting-Studium abgeschlossen haben oder über fundierte musiktheoretische Kenntnisse verfügen. Du musst nicht einmal ansatzweise ein Instrument spielen können. Es reicht schon, wenn du der Sprache halbwegs mächtig bist, in der du schreiben möchtest.
Zerbrich dir bloß nicht allzu früh deinen Kopf über die Song-Struktur, das Reim-Schema, die Gesamtaussage oder das emotionale Feeling des Tracks. Diese Gedanken kannst du dir später machen. Wenn du dir zu früh Sorgen über derartige Parameter machst, wird das deine Kreativität massiv hemmen. Deine Kreativität ist nämlich immer dann am stärksten, wenn jegliche psychische „Blockade“ entfernt ist und selbst die Sorge über den weiteren Verlauf deines Songs wäre eine solche.
Das Ziel dieses „einfach Anfangens“ oder des ersten Satzes ist nicht, den „Hit“ auszuformulieren, sondern lediglich, dass du einen ersten Baustein hast. Bedenke: Nur wenn du den hast, hast du etwas, auf dem du aufbauen kannst!
Beispiele für einen ersten, frei erfundenen Songbeginn könnten sein:
- Es waren mehr als nur Worte.
(Du musst, während dem Schreiben dieses Satzes noch nicht wissen, um WELCHE „Worte“ es geht) - Ich habe es geahnt. Ich habe es gewusst.
(Du musst, während dem Schreiben dieses Satzes noch nicht wissen, WAS der Protagonist „geahnt“ oder „gewusst“ hat) - Du hast mir versprochen, …
(Du musst, während dem Schreiben dieses Satzes noch nicht wissen, WAS hier irgendjemand „versprochen“ hat) - Ich kann es sehn, als ob es passiert.
(Du musst, während dem Schreiben dieses Satzes noch nicht wissen, WAS hier irgendjemand „sieht, als ob es passiert“) - So hell wie die Lichter. Die Lichter der Stadt.
(Du musst, während dem Schreiben noch nicht wissen, um WELCHE Stadt es sich handelt.) - Auf einer kleinen Insel im Meer…
(WTF? Welche Insel? Egal. Das musst du während des Schreibens dieses Satzes noch nicht wissen.)
Schritt #2 – Baue auf, auf dem was du hast
Jetzt, da du den ersten Baustein zu Verfügung hast, kannst du darauf aufbauen. Hier hast du gleich mehrere Möglichkeiten, aber es gilt eine wichtige Grundregel: Versuche den Gedanken, den Inhalt, oder das Feeling deines ersten Bausteines zu verstärken oder weiterzuführen. Du kannst nun die Idee deines ersten Bausteins…
… aufgreifen und sinngemäß wiederholen:
Es waren mehr als nur Worte. Mehr als ein Blick.
… näher beschreiben:
Es waren mehr als nur Worte, in einem Brief.
… in ein Szenario setzen:
Es waren mehr als nur Worte, gestern im Club.
… mit einer Person in Verbindung bringen:
Es waren mehr als nur Worte, von seinem Sohn.
… in eine Frage verwandeln:
Es waren mehr als nur Worte, glaubst du nicht auch?
Die Möglichkeiten hier sind schier unendlich. Sie die oben genannten Beispiele als ein erster Ansatz und versuche sie auch bei anderen Textideen anzuwenden. Wichtig ist, dass du erkennst, dass deine zuerst genannten Worte plötzlich eine tiefere Bedeutung erhalten. Das passiert allein dadurch, dass du etwas schreibst, dass sich in irgendeiner Art und Weise bereits auf etwas anderes bezieht.
Schritt #3 – Bringe deine Aussage in eine sinnvolle Struktur
Wenn du einen Aufsatz schreibst, dann schreibst du auch nicht in einer ewigen Wurst jeden Gedanken nieder, der dir in den Sinn kommt. Stattdessen bildest du mit Buchstaben sinnvolle Strukturen, die sich „Worte“ nennen. Mit Worten bildest du sodann sinnvolle Strukturen, die sich „Sätze“ nennen. Mit Sätzen wiederum bildest du sinnvolle Strukturen, die sich „Absätze“ nennen und mit ebendiesen bildest du eine endgültige sinnvolle Struktur, die sich „Aufsatz“ nennt.
Schritt #3 beim Schreiben von Liedern, ist also das musikalisch-textliche Pendant zu einem „Absatz“ in der Lyric. Du versuchst deinen ersten Gedanken nun zu einem klaren Ende zu bringen. Dieses Ende darf gerne noch Fragen offenlassen, aber der Zuhörer soll dadurch Gelegenheit bekommen sich in das Thema des Liedes, in die Wortwahl oder auch in die zu Grunde liegende Emotion einzuklinken.
Da es um einen musikalischen Text geht, ist bereits in dieser Phase wichtig, dass du musikalisch agierst. Das bedeutet nach wie vor nicht, dass du die gesamte Metrik (die exakte Art der rhythmischen Aussprache der Worte) bereits in- und auswendig kennst, aber du solltest langsam eine grobe Vorstellung entwickeln. Das funktioniert so, dass du dir einfach das geschriebene auf unterschiedliche Arten laut vorsprichst und bei derjenigen rhythmischen Wortaufteilung bleibst, die dir gefällt.
Du solltest für diesen Schritt bereits in Reimen denken, in rhythmischen Strukturen oder auch in phonetischen (klanglichen) Dimensionen. Die folgenden Reimschemen musst du noch nicht endgültig verstehen – hierfür habe ich einen eigenen Blogbeitrag über Reime verfasst. Fürs erste reicht es, wenn die folgenden Beispiele deine Fantasie anregen:
Einfaches Reimschema
Es waren mehr als nur Worte, in einem Brief.
Und du hast beschlossen ihn zu schreiben, als ich schlief.
Komplexes Reimschema
Es waren mehr als nur Worte, in einem Brief.
Wir sind geflogen – von oben, da fällt man tief.
Teilweise Wiederholung
Es waren mehr als nur Worte, in einem Brief.
Es war mehr als das Schicksal, das nach dir rief.
Imperfekter Reim
Es waren mehr als nur Worte, in einem Brief.
Was fort ist, ist fort – und übrig, was blieb.
Ohne Reim
Es waren mehr als nur Worte, in einem Brief.
Alles ist anders, seit ich es weiß.
Musikalischer Einschub
Es waren mehr als nur Worte, in einem Brief. Eyo!
Es waren die Teufel und Dämonen, die ich rief. Eyo!
Schritt #4 – Entwickle den Refrain
Du hast bereits einige Zeilen vor dir, die im Regelfall ganz automatisch bestimmte Gefühle, Gedanken, Erinnerungen oder Assoziationen wecken. Lasse das zu! Du musst dem Schreibprozess dafür deine ungebremste Aufmerksamkeit und Achtsamkeit widmen. Lass dich nicht ablenken und höre auf deine innere Stimme. Kleiner Tipp vom Profi: Handy abschalten!
Nutze die Eindrücke des bereits geschriebenen zusammen mit deiner Vorstellung des Liedes dazu, um die zentrale Aussage deines Refrains zu definieren, wenn du das nicht bereits zu Beginn des Liedes getan hast. Manchmal passiert sowas auch automatisch und du kannst es gar nicht aufhalten. Auch gut.
Erst wenn du deinen Refrain kennst, kannst du ihn im Lied auch entsprechend in Szene setzen! Das ist vergleichbar wie bei einem Moderator, der einen Superstar nur dann gut ankündigen kann, wenn er im Vorfeld genau weiß, WER dieser Superstar ist. Folgende Refrains (und Hinführungen) könnte das Lied haben:
Bsp. 1.: „Dort wo du bist“
Es waren mehr als nur Worte, in einem Brief
Es war mehr als das Schicksal, das nach dir rief
Es waren deine Geschichten, die du beschreibst
Wir wussten schon damals, dass du nicht bleibst
Die Zeit, die vergeht – manchmal viel zu schnell
Am Ende des Tunnels, da wird’s wieder hell
Dort wo du bist, schreibst du noch wie früher
Geschichten von damals, als wärst du noch hier
Dort wo du bist, dort wirst du noch sehn
Die Zeilen, die du schreibst, werden ewig bestehn
Ich weiß dir geht’s gut und hoff dir gefällt, wies dort ist – dort wo du bist
Bsp. 2.: „Jetzt und hier“
Es waren mehr als nur Worte, in einem Brief.
Mehr als ein Film, der vor mir ablief.
Mehr als ein Bild, das ich vor uns seh.
Mehr als ein Wunsch – der in Erfüllung geht.
Egal was war – eyo – egal was wird – eyo
Was auch passieren wird – das passiert
Jetzt und Hier – in diesem Moment
Jetzt und Hier – steht alles still
Jetzt und Hier – weiß ich genau, was ich vom Leben will
Jetzt und Hier – In diesem Moment
Jetzt und Hier – bin ich am Ziel
Jetzt und Hier – weiß ich genau, was ich vom Leben will – vom Leben will
Schritt #5 – Zweite Strophe, zweiter Refrain, Bridge und der Rest
Man sagt: „Der erste Schritt ist der schwierigste!“. Das trifft auch beim Songwriting zu. Nachdem du deinen ersten Refrain geschrieben hast, ist der Rest zwar ebenso wichtig, aber du hast bereits viele musikalische und textliche Strukturen zur Verfügung, die dich beim weiteren Schreibprozess unterstützen werden.
Ein Song ist ein musikalisch und textlich zusammenhängendes Werk. Demnach wollen wir die zweite Strophe auch an die erste Strophe „anlehnen“ und ebenso verfahren wir mit Verhältnis des zweiten Refrains zum Ersten.
Mein Vorschlag: Finalisiere deine ersten Songs nach bestem Wissen und Gewissen. Wenn du abgeschlossene Titel hast, wirst du um wesentliche Erfahrungen reicher sein. Dann bist du auch bereit für den nächsten Schritt! Die Professionalisierung deiner Songs!
Fazit:
Wenn du zu schreiben anfangen willst, solltest du genau das tun!
Leg los! Kümmere dich nicht zu sehr um die Songwriting-technischen Details. Die werden schon noch kommen, aber dafür hast du dann Zeit, wenn dein Song in groben Zügen fertig ist.
Starte mit einer einfachen Idee und bring sie zu Papier, oder verschriftliche Sie in einem Workbook, dass perfekt ist, um Songs darin zu schreiben. Im Anschluss folgst du meinem obenstehenden 5-Schritte- Guide und legst los.
Ehe du dich versiehst, hast du deinen ersten Song geschrieben.
Oder deinen zweiten.
Oder deinen was-weiß-ich-wievielten!
Go! Fang an!
Music4ever,
Emi