Der Song Contest veränderte mein Leben | Stefan di Bernardo

Der Eurovision Song Contest ist das größte Ereignis des Musikjahres. Was hinter den Kulissen passiert, wissen nur wenige! Stefan di Bernardo verrät die Details.
Eurovision Song Contest

Stefan di Bernardo hat den Auftritt auf der größten Bühne der Welt bereits hinter sich. Heute verrät er, warum der Song Contest sein Leben verändert hat. Zwischen unbeschreiblichen Nervenkitzeln, Skandalen, Klagen und Schulden sind auch die größten Lichtblicke und Erkenntnisse seines Lebens in dieser Zeit passiert. Heute blickt er darauf zurück und verrät im Interview, weshalb er heute sein Potential mehr denn je entfalten kann.

Inhalte

Im Interview verrät Stefan alle Details und Hoppalas bei seiner Teilnahme am Song Contest

Stefan di Bernardos schwere Kindheit

Emi: Stefan, du hast bereits den größten Gig deines Lebens gesungen und heute will ich alles darüber wissen.


Stefan: Perfekt! Mich freut es mega, dass ich heute hier bin und wir über dieses Thema sprechen.


Emi: Im Musikbusiness wissen Musiker oft nicht, wie man die Karriereleiter nach oben erklimmt und wie man an Gigs rankommt. Bei dir hat das so eindrucksvoll geklappt, bis hin zum Auftritt beim ESC.
Plötzlich war deine Band Tie-Break auf der Bildfläche und ich möchte die Geschichte gerne von Anfang an aus deiner Perspektive erzählt bekommen, weil ich mir für die Leser dieses Blogs den Blick hinter die Kulissen wünsche. Wie hast du das geschafft? Beginne gern von Anfang an.

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Stefan: Ich muss ein paar Jahre vor dem Eurovision Song Contest anfangen. Musik war bereits als Kind sehr wichtig für mich. Das war von Anfang an ein Puffer für mich und hat mich vor vielem bewahrt.


Emi: Wovor hat dich das bewahrt?


Stefan: Ich bin in einer Alkoholikerfamilie aufgewachsen. Ich musste sehr früh lernen, dass nicht alles immer gut ist im Leben.


Emi: Papa oder Mama?


Stefan: Zuerst Mama, dann Papa. Ich habe das zweimal durchgemacht, bis es schlussendlich zum Selbstmord meines Vaters kam, vor mittlerweile über zwanzig Jahren. Übrigens, direkt nach einem Konzert von mir. Das war sehr heftig.

Eurovision Song Contest
“Kind sein - hab ich nie wirklich erlebt”

Aus diesem Grund hat mich aber die Musik so extrem behütet, weil sie mir dabei geholfen hat, meine Emotionen zu verarbeiten. Ich musste schon sehr früh reif werden und hatte dieses “Kind sein” nie so wirklich erlebt.


Emi: Aber versteht man das so klar, wenn die Eltern trinken? Was nimmt man da wirklich wahr?


Stefan: Wenn es bei meiner Mutter ein bisschen lustig zugegangen ist, hat sie sich komplett weggeschüttet. Ich musste bereits mit 11 Jahren hinter dem Steuer eines Autos sitzen und meine Mama heimbringen.
Irgendwann entsteht bei dir eine Beschützer-Funktion, weil du deine Mutter von allem Schaden fernhalten möchtest. Genau dafür brauchst du aber einen Puffer. Viele driften dann leider in falsche Kreise ab, um diesen Puffer über Drogen, Alkohol oder sonstiges zu bekommen.

Musikalische Ausbildung zur emotionalen Stabilisierung

Bei mir war das glücklicherweise nicht so. Ich hatte gute Freunde, die allesamt in der Musikkapelle gespielt haben. Dann habe ich auch damit angefangen. Das war für mich immer meine heile Zeit. Dreimal pro Woche proben, das Feeling in der Musikkapelle und meine Freunde dabei. Das hat mich behütet.


Dort gings mir gut, da passiert mir nichts, da kann ich mich sorgenfrei gehen lassen. Musik ist bis heute ein großer emotionaler Puffer für mich.

Knowledge-Bomb: Musik hat eine heilende Wirkung!

Studien belegen, dass aktives Musizieren positive psychotherapeutische Effekte hat. Besonders die sogenannte Flow-Erfahrung wirkt sich gewinnbringend auf den Menschen aus. (Quelle: Deutscher Musikrat)

Dann entwickelt man sich weiter und auch das Ego kommt ein bisschen ins Spiel (lacht). Du möchtest etwas darstellen und von den Eltern hast du das nicht mitbekommen.

 

Ich habe dann bemerkt, dass ich ein Talent fürs Musizieren und insbesondere fürs Trompete spielen habe, weil ich das vorgesehene Drei-Jahres-Musikprogramm bereits in zwei Jahren absolviert habe. Ich bin direkt mit einer anspruchsvollen Stimmführung eingestiegen, als alle anderen Anfänger.

 

Ich war aber auch ein sehr fleißiger Schüler und habe viel geübt. Dabei ging es natürlich nicht um Geld, sondern es war pure Leidenschaft. Talent hat sicher dazu gehört, aber ich bin heute nach wie vor der Meinung, dass Fleiss deutlich mehr Wert ist als Talent.

“Die Trompete ist mit mir ins Bett gegangen”

Emi: Es wirkt so, als ob da wirklich zwei Welten zusammen gekommen sind. Die Flucht einerseits und andererseits das Finden der Musik.

ORF Starmania: Einstieg in die professionelle Musikszene

Stefan: Absolut. Als dann auch noch die Fernseh-Show Starmania aufgetaucht ist, die Superstars wie Christina Stürmer, oder damals auch Michael Tschuggnall hervorgebracht hat, war ich überzeugt: Was die können, das kann ich auch!


Damals habe ich dann auch schon gesungen und habe meine erste Band gegründet. Ich wusste zwar nicht, wie ich dort hinkomme und wie ich dieses Niveau erreiche, aber ich hatte immer schon einen positiven Mindset! Das war damals kein überheblicher Gedanke, sondern ging eher in die Richtung: Das bekomme ich mit Fleiss auch hin.


Als dann die zweite Staffel von Starmania ausgerufen wurde, habe ich mich dabei beworben. Als ich dort die ganzen tollen Sänger gesehen habe, war mein Selbstvertrauen plötzlich nicht mehr auf allerhöchstem Niveau. Das hat mich damals schon eingeschüchtert.


Dennoch habe ich die Castings geschafft und bin immer weiter aufgestiegen. Mein Erfolgsgeheimnis war damals wieder mal, einfach jeden Tag zu üben. Es gab dabei Lieder, die überhaupt nicht meiner Stimme entsprochen haben.


Bei einem Battle gegen Gregor Glanz bin ich als Sieger hervorgegangen und ich kam in die Show. Ab dem Zeitpunkt dachte ich, dass ich ein frischgebackener Superstar war.

Eurovision Song Contest
“In dieser Zeit habe ich mich komplett verloren.”

Du bist plötzlich einfach in einer ganz anderen Welt und glaubst, der Mittelpunkt der Erde zu sein. Was definitiv nicht der Fall war. Marketingtechnisch ist das damals vom ORF auch richtig gut inszeniert worden. Heute weiß ich, dass es nur um Einschaltquoten ging, aber damals in jungen Jahren war mir das nicht bewusst.


Ich war wirklich gut dabei und konnte durch tolles Vocal- und Performance-Coaching viel lernen. Monika Ballwein und Allamande Belfor haben damals einen fantastischen Job abgeliefert! Kurz vor dem Finale bin ich dann herausgefallen, aber das war erst der Anfang einer unglaublichen Reise.


Wenn ich heute auf die Zeit bei Starmania zurückblicke, merke ich auch, dass ich vieles im Marketing damals besser hätte machen können. Ich habe nie Ecken und Kanten gezeigt, weil ich mich da nicht drüber getraut habe. Ich bin vermutlich als ziemlich flache Persönlichkeit rübergekommen. In der Rückschau weiß man so etwas immer besser.


Emi: Das ist aber als junger Musiker wirklich nicht einfach, wenn so ein plötzlicher Ruhm daherkommt. In so einer Phase am analytisch, realistisch und am Boden zu bleiben ist sicher schwer.


Stefan: Absolut. Ich habe mich überhaupt nicht mehr um mein Zeugs gekümmert. Da gab es Momente, an denen plötzlich der Exekutor vor der Türe gestanden ist, weil ich meine Rechnungen überhaupt nicht mehr gezahlt habe.


Emi: What?


Stefan: Ja. Ich war ja ein gefühlter Star und hatte wichtigeres zu tun. (lacht)

Die Entstehung des Song Contest Liedes: “Du bist”

Aus dem Nichts heraus hat mich dann eine Produzent angerufen, der mich von Starmania kannte und mich gefragt hat, ob ich für ihn ein Demo einsingen würde. Da ich ohnehin die Kohle brauchte, nahm ich den Job an.

 

Newcomer machen immer dieselben Fehler im Tonstudio und bei mir war das nicht anders. Ich habe damals nicht nachgefragt, wofür dieses Song-Demo überhaupt ist.

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Ein paar Wochen später rief er mich erneut an, um mir mitzuteilen, dass wir vom ORF nominiert wurden, um bei der Vorausscheidung des Song Contests mitzumachen. Das war damals ein groß angekündigter nationaler Wettbewerb, der live im Fernsehen ausgestrahlt wurde.
Mich hat es damals von den Socken gehaut und ich wusste überhaupt nicht, wie es dazu kam. Er hat nur gelangt und erklärt, dass er das aufgenommene Demo eingeschickt hätte und wir eine Chance bekommen, auf der größten Bühne der Welt aufzutreten. Ich war sprachlos.


Es gab nur ein Problem. Er sagte: “Stefan, der ORF meint, es sollte eine Boyband sein, das wäre schicker. Kannst du noch andere Jungs auftreiben? Du kennst doch sicher jemanden.”


Emi: Unglaublich. Und dann?


Stefan: Dann lag es an mir. Ich musste eine Band gründen! Ich hab ich mich ans Telefon gesetzt und den coolsten Dude von Starmania akquiriert, Thomas Elzenbaumer, mit dem ich mich damals gut verstanden habe. Der Produzent hat noch zwei weitere Burschen aufgestellt.


Bereits eine Woche später waren wir als Band im Zug auf dem Weg zu einer Pressekonferenz des ORF. Im Vorfeld hatte ich mich versichert, dass wir den Titel dort nicht live singen müssen, denn wir hätten uns blamiert.


Die gesamte Boyband hat sich nämlich erst in dieser Zugfahrt zur Pressekonferenz kennengelernt und in diesem Moment habe ich ihnen auch zum ersten Mal das Lied vorgespielt, weil ich vergessen hatte, ihnen den Song zu schicken.


Emi: Was? Alter, das ist krank!


Stefan: Ja, was hätte ich tun sollen? Es ging halt alles so schnell und es war so stressig. (lacht)


Emi: Moment, wie hat das funktioniert? Die haben dann beim ORF das Demo vorgespielt, aber wer war da drauf zu hören?


Stefan: Nur ich.

Eurovision Song Contest
Auf dem Demo der Boygroup war bei der ORF-Pressekonferenz nur Stefan zu hören!

Emi: Krass.


Stefan: Einem Sänger aus unserer Truppe wurde das dann zu steil und er ist nach der Pressekonferenz ausgestiegen.


Dann kam die Fernsehshow, wo wir gegen namhafte Acts wie Waterloo und Robinson aufgetreten sind. Als die Sendung zu ende war und die Punktewertung des landesweiten Publikums bei der Show “Song 04” einging, war unsere erste Reaktion: “Fuck, wir gewinnen das jetzt”.


Emi: Bevor wir zur Wertung kommen … Wie habt ihr für diesen Moment im Vorfeld geprobt?


Stefan: Wir haben uns vor der Sendung ein paar Mal getroffen und uns mit unserer laienhaften Herangehensweise irgendetwas brauchbares zusammengestöpselt. Anders kann man das leider nicht nennen.


Die anderen waren aber auch wirklich gute Sänger und insofern hatten wir zumindest den Hauch einer Chance gerochen. Tja und dann haben wir diesen Vorausscheid tatsächlich gewonnen.

Verklagt und abgezockt: Das harte Leben als Sieger

Stefan: Im Nachhinein wurden wir sogar vom Duo Waterloo und Robinson verklagt!


Emi: Was? Warum?


Stefan: Die waren Zweitplatzierte und wollten uns vom Thron stoßen, um selbst zum Song Contest zu können. Ihr Argument war, dass wir einen Regelverstoß gegen die ESC-Regeln begangen hätten, weil wir die maximal erlaubte Lied-Dauer um ein paar Sekunden überschritten hatten.


Ich wusste gar nicht, wie mir geschieht. Da geht es Schlag auf Schlag, und du bist an einem Tag österreichweit bekannt und am nächsten Tag hast du bereits mit Klagen zu kämpfen. Es war echt extrem. Am Ende des Tages hat sich das dann aber aufgelöst und sie zogen ihre Klage zurück.


Emi: OK. Wie ist es dann weitergegangen? Wie seid ihr mit der Presse und den Anfragen umgegangen? Hattet ihr da Unterstützung?


Stefan: Glücklicherweise hat sich der Vater eines Sängers aus der Band schützend vor uns gestellt, denn wir wurden förmlich überrannt. Plattenlabels, Verlage, Booker, Managements und etliche nennenswerte Agenturen für Musiker.


Alle wollten ein Stück vom Kuchen haben. Wir hatten überhaupt keine Ahnung von dem Geschäft und sie hätten mit uns machen können, was sie wollten.


Das traurige Fazit ist, dass wir bei der ganzen Sache überhaupt nichts verdient haben, weil wir es nicht besser wussten. Im Gegenteil, ich habe sogar Schulden in der Zeit gemacht, aber dazu komme ich später.

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Und dann ging es los. Wir hatten sechs Monate Zeit, um uns auf den größten Auftritt unseres Lebens vorzubereiten.

Die Vorbereitung auf den Auftritt beim Eurovision Song Contest

Emi: Beim ESC selbst habt ihr dann ja einen recht professionellen Auftritt hingelegt. Wer hat euch gezeigt, wie eine gute Bühnenperformance funktioniert?


Stefan: Alamande Belfor war unser privater Choreograph und Monika Ballwein war unsere geniale Gesangspädagogin. Ihr Vocal-Coaching hat unsere Stimmen perfektioniert. Ich hatte die Kontakte noch aus meiner Zeit bei Starmania, deshalb habe ich Sie um Unterstützung gefragt.

Nutze deine Chance!

Emi: Hat das der ORF für euch bezahlt?


Stefan: Nein. Das mussten wir aus unserer privaten Tasche bezahlen.


Emi: Boah. Hart.


Stefan: Aber so war es eben und ein Zurück gab es nicht.


Emi: Ich muss sagen, ich finde das super, dass du die paar Kontakte, die du im Musikbusiness in deiner Vergangenheit aufgebaut hattest, gleich einsetzen konntest, um dich auf deinem nächsten Karriereschritt zu begleiten. Da gehört viel dazu! Top Job!


Stefan: Wir waren dann viel in Wien und konnten eine gemeinsame Wohnung nutzen, wir bekamen Künstler-Sponsorings von bekannten Brands wie Levi’s und dem Hotel Le Meridian. Das war schon alles top, aber wir haben damals unseren Realitätsbezug ein wenig verloren. Wir waren uns gar nicht bewusst, welchen Wert diese Sachen eigentlich hatten.


Emi: In dieser ganzen Zeit hattest du ja kein Gehalt, oder?


Stefan: Genau. Man hat uns nur versorgt, aber viele Fixkosten sind dennoch weitergelaufen. Die Probleme habe ich damals aufgeschoben, weil ich ohnehin keine Zeit dafür hatte. Meine Mama hat mich damals sogar finanziell unterstützt.


Emi: Arg. Nach außen hin hast du eine erfolgreiche Musikkarriere und innen drinnen muss man mit derartigen Sachen kämpfen. Brutal.


Stefan: Bevor es in den Flieger zum Song Contest ging, bekamen wir die nächste Klage an den Hals. Damals vom Produzenten des Titels. Ich weiß nicht mehr genau worum es ging, aber ich kann mich noch erinnern, dass der Produzent und sein Co-Writer des Titels “Du bist”, während dem Auftritt am ESC nicht in unserer Nähe sein durften. Wahnsinn.


Emi: Ich packs nicht. Da ging es ab.

Marketing, Promo & Pressearbeit: Die Zeit in Istanbul

Stefan: Stimmt. Aber irgendwann war es dann soweit und wir flogen zum Eurovision Song Contest nach Istanbul. Tatsächlich zählen die drei Wochen, die wir dort vor Ort waren, zu den schönsten drei Wochen meines Lebens. Wir konnten so viele Erfahrungen machen und durften so viel erleben.


Es war unbeschreiblich. In Istanbul war zu diesem Zeitpunkt höchste Sicherheitsstufe, weil direkt nach dem ESC ein Treffen der einflussreichsten Politiker stattfand. Wir wurden deshalb ziemlich abgeschottet und behütet. Das ganze in einer Millionenstadt hatte schon ein ziemlich heftiges Flair.


Wir sind tatsächlich mit Blaulicht im Bus durch Istanbul gefahren. Vor unseren Hotelzimmern sind Bodyguards mit Waffe gestanden. Es war wirklich intensiv. Eines Tages haben wir uns ungefragt zum Markt abgeseilt und die Securities haben uns im Nachhinein unsere Leviten gelesen. Wir haben es genossen, aber es war beinahe too much für uns.


In der Zeit wurden wir von Pressetermin zu Pressetermin gescheucht und wir bekamen Angebote um Auftritte bei Veranstaltungen der anderen Länder zu machen. So haben alle Acts auf sich aufmerksam gemacht, weil das eigene Land beim ESC ja nicht für dich stimmen darf.

Eurovision Song Contest
Promo, Promo, Promo! So läuft der Alltag vor dem ESC-Auftritt!

Emi: Ahhh… sehr interessant! Deshalb ist man auch so lange vor Ort? Das ist natürlich ein extremer Promotion-Hebel, wenn man diese Zeit nutzt und im internationalen Fernsehen sozusagen laufend in anderen Ländern präsentiert wird.


Stefan: Ganz genau so war es. Einmal waren wir bei den Türken eingeladen für einen Gig, am nächsten Tag hatten die Schweden ein Event und direkt darauf haben wir uns mit den Engländern connected. Wir waren die ganze Zeit durchgetaktet. Es gab dann sogar ziemlich konkrete Pläne, um Liebesgeschichten mit Kandidaten aus anderen zu inszenieren!


Emi: Was? Wirklich? Wer wollte das?


Stefan: Ich weiß nur noch, dass es dabei um die Kandidatin aus Griechenland ging. Sie war sehr zart, hübsch und hatte eine tolle Stimme. Die hätte mit unserem Jüngsten in der Gruppe so tun sollen, als ob da ein Flirt und vielleicht mehr gerade am entstehen ist.
Wir haben uns dann dagegen entschieden, aber die Presse war dort wirklich sehr aktiv, wenn es darum ging irgendwelche interessanten Storys zu “arrangieren”.


Emi: Wow. Arg.


Stefan: Es war auch sehr interessant herauszufinden, dass ein Großteil der ESC-Anhängerschaft aus der Homosexuellen-Community stammt. Das hat uns insofern überrascht, weil uns das zuvor nicht bewusst war.


Ich bin selbst sehr offen gegenüber jedem Geschlecht, jeder Nation, jeder Religion oder sexueller Neigung. Für mich spielte das überhaupt keine Rolle, aber es war überraschend, zumal uns drei Burschen aus der Boyband dort hin und wieder auch unterstellt wurde, dass wir von der anderen Seite wären.


Wir hatten damit aber kein Problem. Im Gegenteil. Das Publikum war in jeder Hinsicht ein wirklich toller und gut gelaunter Haufen. Wir hatten eine Menge Spaß zusammen und es sind einmalige Momente und sogar Freundschaften in dieser Zeit entstanden.


Emi: Hattet ihr in dieser Zeit auch Freiräume? Hättet ihr euch aussuchen können, mit wem ihr eure Abende verbringen wolltet?


Stefan: Nein, wir hatten kaum Freiräume. Das hat uns aber gar nicht so interessiert. Wir waren nämlich mental sehr im Hussel-Modus angekommen und haben es geliebt, Termine im Stundentakt zu absolvieren. Richtig zack, zack, zack. Da ging immer viel weiter und das hat sich gut angefühlt.


Emi: Wahnsinn, wie da jede Sekunde ausgenutzt wird. Marketing für Musiker vom Feinsten! Wie viele Crew-Member waren da mit euch?


Stefan: Es war ein großes Team vom ORF, das mitgereist ist. Die gesamte Betreuung wurde stets intensiv vom ORF begleitet. Ich würde grob schätzen, dass bis zu 30 Menschen vor Ort waren. Moderatoren wie Andi Knoll oder auch Peter L. Eppinger waren dort. Viele haben vor Ort natürlich auch ihre eigene Arbeit gemacht, um Berichte zu erstatten und dergleichen.


Sogar Sehenswürdigkeiten haben wir besichtigt. Der primäre Zweck von solchen “Ausflügen” war aber natürlich kein touristischer, sondern es ging um Stories, Stories und nochmal Stories. Immer wieder haben wir uns Sachen einfallen lassen, um für relevante Namen in der österreichischen Medienbranche gutes Material bereitzustellen.

Die Proben auf der großen Bühne

Emi: Und wie war es dann bei den Proben?


Stefan: Es war echt eine große Bühne. Das Stadion hat 15.000 Menschen gefasst und war überwältigend. Du brauchst auch gar nicht viel zu tun. Backstage siehst du bereits permanent, wann du deinen Time-Slot hast, du wirst davor direkt von Personal verkabelt und auf der Bühne sind Bodenmarkierungen für dich bereits platziert.

Wir hatten zwei oder drei Proben auf der Main-Stage. Das waren genau 30-Minuten-Timeslots, wo wir ebenso vom ORF, insbesondere von Alamande, unterstützt wurden. Wenn sich die Dimensionen derart verändern, muss man natürlich seine eigene Performance anpassen. Plötzlich gehst du nicht 2 Schritte bis an deine neue Position, sondern deutlich mehr.


Emi: Wie kam es dann von eurer Performance zum Erlebnis? Also, wann wurden die Kamerafahrten getimed und abgestimmt, wer von den Sängern wann im Bild war? Der ESC muss von seiner Produktion dabei ja sehr individuell auf die Artists eingehen, damit das gut rüberkommt.


Stefan: Zum einen wird tatsächlich sehr straff vorgegeben, was passieren darf und was nicht. Das ist aber auch wirklich nachvollziehbar, immerhin muss die ganze Show funktionieren und fesselnd sein.

Eurovision Song Contest
“Bei den Proben gab es straffe Regeln. Das ESC Team hat sich aber konstruktiv eingebracht”

Zuerst war das ESC-Team in beobachtender Rolle. Sie haben genau gescreent, was wir machen wollten, wie wir uns bei den Proben bewegten und dergleichen. Sobald sie verstanden hatten, wie unser Auftritt aussah, haben sich deren Experten eingeklinkt und versucht, alles bestmöglich umzusetzen. Es war wirklich ein beeindruckendes Teamplay von absoluten Profis.


Emi: Und dann ist es soweit und es kommt der Tag des Auftritts. Erst vor kurzem habe ich nachgesehen, dass der Song Contest 2023 von 163 Millionen Menschen gesehen wurde. Diese Zahl ist einfach nicht greifbar.


Stefan: Damals 2004 waren wirklich tolle Acts am ESC. Max Mutzke und Stefan Raab haben mit “Just can’t wait until tonight” ihren Slot gehabt. Ein Ex-Westlife-Sänger war auch am Start. Insgeheim war uns bewusst, dass wir wohl kaum eine Chance gegen derartige Kaliber hatten.


Damals war es das erste Jahr am Song Contest, wo es ein Semifinale und ein Finale gab, aber wir hatten das Glück, direkt ins Finale einziehen zu können.


Emi: Warum?


Stefan: Weil im Vorjahr Alf Pojer für Österreich den sechsten Platz belegte und das machte uns sozusagen zum Fixstarter im Finale. Glück gehabt! Wir waren Startnummer zwei, das weiß ich noch, als ob es gestern gewesen wäre.

Es ist soweit: Auftritt der Boygroup Tie-Break am ESC

Du wirst dann ausgestattet mit In-Ear und Mikrophon und dann … dann fühlt es sich an, wie wenn dir die Rolladen runter fallen, weil du überhaupt nicht mehr nachvollziehen kannst, was gerade passiert.
Hätte ich keine Videoaufnahme, dann würde ich heute nicht wissen, dass diese drei Minuten am Song Contest tatsächlich stattgefunden haben.


Emi: Habt ihr Jungs euch in diesem Moment gegenseitig gestärkt? Am ersten gemeinsamen Gig kann viel schiefgehen!


Stefan: Absolut. Man darf aber nicht vergessen, dass wir nicht dort waren, weil wir die besten Freunde waren. Wir haben uns zwar gut verstanden, aber uns fehlte noch viel Erfahrung bei gemeinsamen Auftritten. Wir drei Jungs von Tie-Break sind in dieser Phase natürlich extrem zusammengewachsen.


Emi: Konntest du in der Phase des Auftritts musikalisch analytisch denken? Hast du versucht, bei gewissen Tönen oder musikalischen Augenblicken nachzuschärfen? Vielleicht die Aussprache zu optimieren oder den ein oder anderen Ton klarer hinzubekommen, als den vorhergehenden?


Stefan: Nein. Das war nicht möglich. Ich habe mir in keiner Sekunde Gedanken über “gut” oder “schlecht” gemacht. Ich war eher darauf fokussiert, dass ich meine Einsätze korrekt erwische. Beim letzten Ton in der Bridge war ich sogar total flat.


Emi: Echt? Ich fand, das war eher ein Highlight-Moment!


Stefan: Hm… es wäre noch besser gegangen, weil ich diesen Ton bei den Proben oft deutlich besser hinbekommen habe. Als der letzte Gesangston erklungen ist und wir uns in die Kamera gedreht haben, wusste ich nicht, was ich in diesem Moment tun hätte wollen.

Eurovision Song Contest
“Ich hätte weinen, schreien und lachen können. Es war unbeschreiblich”

Als dann die Punkte ausgezählt wurden, wurde uns schnell klar, dass wir ohne hohe Platzierung gehen würden. Das war dann aber im Nachhinein gar nicht so wichtig. Wir drei wussten instinktiv, dass es der Moment war, der uns bereichert hat …


… und vielleicht war es auch ein bisschen der Alkohol danach. (lacht)


Emi: Wie war die Crew? War der ORF unterstützend?


Stefan: Alle waren sehr unterstützend. Wir waren wie eine kleine Familie. Ich habe erst vor kurzem mit Andi Knoll telefoniert. Sporadisch habe ich noch Kontakt zur Crew von damals, aber wir entwickeln uns natürlich alle weiter. Ich bin wirklich sehr dankbar für das damalige Team.


Emi: Wie ging es weiter nach dem Song-Contest?

Skandal am Flughafen: Drogen im Gepäck?

Stefan: Am Rückflug gabs ein kleines Hoppala.


Emi: Und zwar?


Stefan: Ich habe damals sehr auf meine Gesundheit geachtet, um fit für die Show und die Anstrengungen zu sein. Auch ein kleines Döschen weißes Basenpulver hatte ich dabei. In Istanbul wurde ich am Flughafen aufgehalten und komplett gefilzt, weil sie ein “weißes Pulver” bei mir gefunden hatten.


Emi: Uff. Das klingt nicht gut.


Stefan: Es war absolut krass, aber das hat sich dann glücklicherweise aufgelöst, weil sie mir geglaubt hatten.

Die wichtigsten Erkenntnisse und das Leben nach dem Song Contest

In Österreich zurück am Boden der Realität haben wir dann eine zweite Single ausgekoppelt, die sich “Heute wieder Damals” nannte. Wir hatten die Nummer selbst geschrieben und konnten noch ein paar Auftritte vor kreischenden Teenies abstauben, bevor wir merkten, dass der Hype zu Ende ging. Dann trennten sich auch die Wege von Tie-Break.

Pro-Tipp: Der Release-Zeitpunkt ist essentiell

Obwohl es nie Garantien gibt, ist es stets von Vorteil, den Release einer neuen Single mit relevanten Karriere-Zeitpunkten zu koppeln. Erste Auslandstournee? Wettbewerbssieg? Album fertig? Presse-Aufmerksamkeit? Alles gute Single-Release-Gelegenheiten!

Emi: Voll interessant. Du hast angekündigt, dass es auch nachhaltige finanzielle Konsequenzen für dich durch diese Zeit gab. Was war denn da los?


Stefan: Vieles war einfach durch den Fakt bedingt, dass ich in der Zeit der Vorbereitung und Durchführung des Song Contests nichts verdiente. Dadurch habe ich meine fälligen Zahlungen vernachlässigt. Es ging sogar so weit, dass mir eine Mitarbeiterin meiner Auto-Leasingfirma am Telefon gedroht hat, an die Presse zu gehen, wenn ich nicht bezahlen würde.


Emi: Nein! Echt? Das ist ja brutal.


Stefan: Das Problem ist, dass es nach außen hin ja so aussieht, als ob die aktuellen Stars immer im Geld schwimmen. De facto war das bei uns aber nicht so. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich mich von diesen finanziellen Rückschlägen wieder erholt hatte.


Ich habe mein Auto dann tatsächlich auch bei der Firma zurückgeben müssen. Es ging nicht anders. Geldtechnisch waren diese Monate ein absolutes Desaster für mich.


Glücklicherweise hatte ich ein paar gute Freunde, die mir wieder auf die Beine geholfen haben. Zusätzlich hatte ich das Glück Elisabeth Kolarik kennen zu lernen, die in der Gastronomie im Wiener Prater gearbeitet hat und mir einen Job angeboten hat.


Für mich war das damals ein ziemliches Ego-Problem, weil ich noch einen gewissen Rest-Fame hatte. Der achso berühmte Stefan di Bernardo musste plötzlich WC-Anlagen putzen und Tellerwaschen. Ich habe mich damals als komplettes Failure erlebt.


Aufgeben gabs aber nicht und so habe ich mich in 7 Jahren in der Gastronomie bis zum Betriebsleiter hochgearbeitet, wofür ich Elisabeth Kolarik bis heute dankbar bin. Danke Elisabeth, dass du mir diese Chance gegeben hast.


Heute bin ich mit meinem Unternehmen success-wave.com aktiv und habe eine liebende Frau und Kinder. Ich betreue unterschiedlichste Produktlaunches und bin aktiv im Social-Media-Marketing sowie im Offline-Marketing. Ich lebe im Hier und Jetzt und fühle mich erfolgreicher als ich es jemals zuvor gewesen bin.

Eurovision Song Contest
Heute ist Stefan erfolgreicher Unternehmer, stolzer Vater und Ehemann

Emi: WOW! Das ist echt schön zu hören! Stefan, 1000 Dank für diese Wahnsinns-Einblicke hinter die Kulissen und in dein Leben als Musiker. Ich bin überzeugt davon, dass die Leser einiges aus diesem Gespräch mitnehmen konnten.


Stefan: Ich danke dir, Emi.


Emi: Möchtest du noch einen letzten Aufruf an die Leser richten? Vielleicht an Musiker, die auch einmal vor plötzlichem Ruhm stehen und nicht genau wissen, wie ihnen geschieht.


Stefan: Klar. Drei Sachen möchte ich diesen Musikern abschließend mitgeben:

Genieße den Moment, das gehört dazu.
Mache dir bewusst, dass es irgendwann auch wieder bergab geht. Wenn du dieses Tal überwindest, kommst du, gestärkt beim nächsten Anstieg, noch höher hinauf.

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Stefan di Bernardo

Musiker, Sänger & Unternehmer

Stefan di Bernardo hat als junger, talentierter und fleißiger Musiker das Unmögliche möglich gemacht. Bereits in seinen frühen Zwanzigern ist er mit seiner Band Tie-Break für Österreich beim Eurovision Song Contest aufgetreten.

Heute führt er mit Success-Wave ein erfolgreiches Unternehmen, bei dem er Business-Owner dabei unterstützt große Erfolge im Direktvertrieb und Network-Marketing zu erreichen.

Er legt damals wie heute großen Wert auf die Kraft des unternehmerischen Selbstvertrauens, auf Skills im Selbstmanagement und auf den Ausbau der kommunikativen Fähigkeiten.

“Wer das meistert”, sagt Stefan, “meistert alles”.

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Der Erfolgreiche Musiker | Die Kollektion
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Emanuel Treu

Der Autor

Emanuel „Emi“ Treu ist Amadeus-Award-Preisträger, Songwriter, Buchautor, und vor allem ein Musiker, der stets seinem Herzen folgt. Als Vorstandsmitglied der AKM, als Hauptjuror des Österreichischen Musikfonds und als Gründer von „Der erfolgreiche Musiker“, setzt er sich fortlaufend für die Interessen von Urhebern und Artists aller Genres ein.

 

Vier abgeschlossene Musikstudien, Auftritte und Europatourneen mit Weltstars wie Bobby McFerrin, Zucchero und David Hasselhoff, Charterfolge mit Gold- und Platinauszeichnungen sowie laufende Zusammenarbeit mit den einflussreichsten Persönlichkeiten und Stars der Branche waren Meilensteine in seiner Karriere.


Seine Erfolge sind allerdings nicht das Resultat von Zufällen. Treu ist der Überzeugung, dass der Traum eines finanziell und emotional erfüllten Lebens als Musiker für jeden wahr werden kann – für jeden, der an sich selbst und an seine Musik glaubt.

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